Annemarie Rutka

Breast Cancer 

Stillen nach Brustkrebs

Mutterschaft nach Krebstherapie – meine Erfahrungen mit Stillen nach Brustkrebs

Ich saß mit meinem Ehemann im Krankenhaus und wartete in meinem OP Kittel darauf, abgeholt zu werden, damit mir nach 3 Jahren endlich der Port entfernt werden konnte. Es war ein riesengroßer Schritt für mich, denn der Port symbolisierte für mich eine Art Schutz. Gerade als die Schwester mich für alles vorbereitete, kam eine andere Schwester auf uns zu und fragte mich ohne Vorwarnung, ob ich wüsste, dass ich schwanger sei? So haben wir von unserem kleinen Wunder erfahren.

Natürlich macht man sich als ehemalige Brustkrebspatientin Gedanken, ob und wie das mit dem Stillen klappen wird. Dadurch, dass ich momentan in den Staaten lebe, hatte ich mehrere Anlaufstellen, um mir Informationen zu holen. Meine Onkologin in den Staaten, konnte mir keine genaue Aussage geben, wollte aber für mich recherchieren. Während meiner Schwangerschaft war ich auch auf Heimatbesuch in Deutschland und hatte einen Termin bei meinem Gynäkologen und Onkologen, die mich durch die Krebstherapie begleitet hatten. Beide freuten sich riesig über die Neuigkeiten, doch keiner konnte mir eine konkrete Aussage machen, über die Funktionalität meiner betroffenen Brust. Mein Onkologe erklärte mir jedoch, dass nicht die Operation, sondern die Bestrahlung sich wahrscheinlich auf das Stillen auswirken würde.

Erst als ich zur Nachsorgeuntersuchung zu meiner Onkologin in den Staaten ging, bekam ich eine Empfehlung von ihr. Sie hatte für mich recherchiert und konnte leider nichts Konkretes zum Thema Stillen nach Brustkrebs finden. Jedoch gab sie mir die Empfehlung, die betroffene Brust nicht zu benutzen, da ihre Sorge war, dass bei einer möglichen Mastitis, die Brust nicht gut behandelt werden könnte. Zudem war sie besorgt, was es mental mit mir machen könnte.

Dass beim Milcheinschuss nur aus der anderen Brust Milch kam, wunderte mich nicht mehr, da auch während der Schwangerschaft nur diese an Größe zugenommen hatte. Wie schwierig das Stillen ist und vor allem für Frauen nach einer Brustkrebstherapie, hatte ich nicht so erwartet. Es scheint immer so einfach zu sein und kaum jemand hatte mir über seine Schwierigkeiten beim Stillen erzählt, bis ich nicht selbst darüber sprach. Dabei ist es ganz „normal“ und dazu muss man vorher keinen Brustkrebs gehabt haben.

Meine Tochter wollte nicht an der Brust trinken und so began ich schon im Krankenhaus mit dem abpumpen. Die Hilfe der Stillberaterin vor Ort half mir nicht, denn auch sie hatte in ihrer ganzen Karriere erst einen Fall wie meinen. Immer wieder hörte ich den Spruch:

„Viele Frauen stillen nur mit einer Brust, weil das Baby eine Brust bevorzugt oder die eine Brust mehr Milch gibt

Unser Körper ist sehr schlau und so auch der meinige, denn ich hatte von Anfang an ein ziemlich gutes Volumen an Milch für das einseitige Stillen. Der Körper reagiert hier sehr schnell und kann sich darauf einstellen (Quelle: Helios Gesundheit). Doch ist es etwas anderes, wenn man nicht auf die andere Brust ausweichen kann.

Nun ist schon ein halbes Jahr vergangen und meine Tochter bekommt immer noch Muttermilch. Das möchte ich auch weiterhin so lange durchziehen, wie ich kann. Ich habe aber schon gemerkt, dass es für die stillende Seite wirklich sehr anspruchsvoll ist. Zuletzt musste ich außerhalb meiner Routine zur Nachkontrolle, eine Mammografie und einen Ultraschall machen lassen, da Blut aus meiner Brustwarze kam. Hier noch einmal zu Erinnerung, welche Anzeichen auf Brustkrebs hindeuten können:

  1. Knoten oder Verhärtungen in der Brust
  2. beim Anheben der Arme fallen die Brüste unterschiedlich
  3. eine Brustwarze ist nach innen gezogen
  4. Veränderungen der Haut an der Brust oder der Brustwarze
  5. an einer Brustwarze blutige, eitrige oder klare Flüssigkeit austritt
  6. Schmerzen oder Ziehen in der Brust

Da unterscheidet sich dann doch die ehemalige Brustkrebspatientin, die stillt von einer „einfach stillenden Mama“. Mein Gynäkologe schickte mich vorsichtshalber (und dafür bin ich ihm überaus dankbar) nicht mal drei Monate nach der letzten Routinekontrolle, mit Mammografie und Ultraschall, zu einer weiteren Untersuchung. Man wollte nichts übersehen haben. Zum Glück war der Befund negativ und sie konnten nichts entdecken. Welche mentale Tortur das aber für mich war, ist eine andere Geschichte.

Stillen nach Brustkrebs ist körperlich als auch mental keine einfache Sache. Immer wieder wurde ich in neue Situationen gebracht, die mich getriggert haben. Auch nach fast vier Jahren nach Therapieende bleibt die Angst eines Rezidives und das wird sich auch so schnell nicht ändern. Ich kann nur lernen, besser und besser mit den verschiedenen Situationen umzugehen und für mich die richtigen „Werkzeuge“ zu finden, um in den Momenten mit dem Stress gut umgehen zu können.

Falls Du das als Betroffene lesen solltest, die sich eventuell gerade mit dem Thema beschäftigt, komm gerne auf mich zu und wir tauschen uns aus. Liest Du diesen Blogbeitrag als Angehörige:r, dann bitte ich Dich, einmal darüber nachzudenken, was Du zu Frauen in unserer Situation sagen könntest. Stillen ist ein sehr intimes Thema und es gibt verschiedene Gründe, warum manche Mamas stillen, manche es nicht können, manche es nicht wollen oder sollten. Das macht uns aber nicht zu schlechteren Müttern.

en_USEnglish